Cornelia F _llkrug-weitzel Gro _

Es geht um den Skandal, dass noch immer über 850 Mio Menschen hungern und dass - bei allen anzuerkennenden Erfolgen bei der Armutsbekämpfung - noch immer 1,4 Milliarden Menschen von weniger als 1,25 Dollar am Tag leben müssen. Die Zahl derer, die arm an lebenswichtigen Ressourcen, an Zugangsmöglichkeiten zu Bildung und Gesundheit, an politischen Beteiligungschancen sind, ist unendlich viel höher. Die Schere zwischen Arm und Reich geht weltweit immer weiter auseinander: glitzernde Hochhausfassaden und Menschen, die in der Kanalisation leben. Mehr soziale Ungleichheit war nie! Das gilt bei uns, das gilt weltweit und das ist unerträglich. „Die Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte werden nicht durch ein gegnerisches System von Gewinnern und Verlierern bewältigt werden ... sondern nur durch eines, das sich auf allumfassende menschliche Solidarität und internationale Zusammenarbeit gründet! (Bericht der Brandt-Kommission, Das Überleben sichern“, 1980)

Wir wissen, was die Alternativen zu solidarischen globalen Lösungen sind: Migration, soziale Unruhen, Terrorismus, bewaffnete Konflikte, Flucht. Friede, Sicherheit und Entwicklung bedingen einander, diese Erkenntnis Willy Brandts bleibt wahr. Sicherheit umfasst wirtschaftliche, soziale und politische Sicherheit. Und es gibt sie weltweit nur gemeinsam.
Ungelösten Entwicklungs-Probleme durch Waffensysteme, die Konflikte auf Distanz halten und durch Aufrüstung von Autokraten zu lösen, ist exakt der falsche Weg. Darum werde ich mich auch für
1. eine aktive und präventive Rüstungskontrollpolitik - z.B. für ein internationales Verbot von Killerdrohnen - einsetzen, bevor immer neue Waffensysteme entwickelt und verbreitet werden.
2. Die restriktiven deutschen Rüstungsexport-Grundsätze von 2000 sollten endlich auch wieder die Praxis bestimmen. Waffenlieferungen in Krisengebiete und an autoritäre Regime in bitterarmen Ländern müssen beendet werden! Darüber muß das Parlament informiert werden und und entscheiden dürfen.

Die Verschwendung, Übernutzung und Zerstörung der natürlichen Ressourcen (wie Boden, Wasser, Luft) unserer Erde droht, unseren eigenen Kindern und Kindeskindern weltweit die Lebensgrundlagen zu entziehen. Für die armen Länder ist dies durch den Klimawandel vielfach schon bittere Realität geworden. Die Armen zahlen die Rechnung für unsere CO²-intensive Lebens- und Produktionsweise. Wie können wir gesellschaftliche und globale Teilhabe und Verteilungsgerechtigkeit, die klassischen Ziele der Armutsbekämpfung, mit ökologischer Nachhaltigkeit, Menschenrechten und menschlicher Sicherheit zu neuen Entwicklungsmodellen verknüpfen?
Armutsbekämpfung und Nachhaltigkeit sollen einander verstärken und rufen gemeinsam nach einem tiefgreifenden ökonomischen und gesellschaftlichen Strukturwandel. Die neue Entwicklungsagenda, die der Phase der Milleniumsziele 2015 folgen wird, muss diese Transformation befördern. Sie muss die Rechte und Chancen der Armen in den Mittelpunkt stellen und die Grenzen unseres Planeten und das Gebot der Nachhaltigkeit berücksichtigen. Deutschland, mit seinem großen politischen und wirtschaftlichen Gewicht, hat viele Chancen und eine große Verantwortung, sich an der Suche nach einem universal wirksamen Zielesystem zu engagieren, welches über die Ära der Milleniumsentwicklungsziele und Rio+20 hinausweist.


Ich bringe mehr als ein Jahrzehnt Zusammenarbeit mit hoch aktiven zivilgesellschaftlichen Akteuren mit: Ich habe an der Entwicklung von Strategien und Projekten zur Armutsbekämpfung, zur Durchsetzung aller Menschenrechte und Demokratieförderung, zur Konfllktprävention und friedlichen Beilegung von Konflikten. Ich habe Erfahrungen in der gemeinsamen nationalen und internationalen entwicklungspolitischen Lobbyarbeit und habe zahlreiche internationalen Konferenzen begleitet.

Ich weiß, wovon die Rede ist, wenn von Armutsbekämpfung gesprochen wird: Ich habe in den bald 14 Jahren meines Engagements an der Spitze von ‚Brot für die Welt‘ die Hinterhöfe und Keller der Menschheit besucht. Ich habe gesehen, was es bedeutet, abgehängt und ausgeschlossen vom Weltgeschehen zu sein. Und ich habe gesehen, wie der Klimawandel die Lebensgrundlagen der Armen jetzt schon zerstört. Ich habe gelernt, wie unterschiedlich die Ursachen ihrer Armut sind und weiß, dass es keine ‚all fits one‘ Lösungen gibt. Ich habe Menschen, vor allem Frauen mit unglaublicher Power kennen und bewundern gelernt. Ich bin gewiss, dass Wege aus der Armut von den Armen selbst beschritten werden können und müssen. Menschen müssem mit Würde und ihren Rechten als Mensch im Zentrum jedes entwicklungspolitischen Handelns stehen. Teilhabe der Betroffenen und eine starke Zivilgesellschaft sind Schlüssel zur Armutsbekämpfung. Und: Wir reden nicht von Almosen für die Armen, sondern von den Potentialen, Chancen und Rechten der Armen, die ins Zentrum der Entwicklungspolitik gehören! Davon verstehe ich sehr viel – ebenso wie die anderen entwicklungspolitischen Akteure in Deutschland, die zur Stärkung der Zivilgesellschaft im globalen Süden beitragen und Kompetenzträger für Entwicklungspolitik sind.
Als Aufsichtsratsvorsitzende einer internationalen Allianz von kirchlichen Entwicklungs- und humanitären Hilfswerken arbeite ich mit daran, die multilateralen Entwicklungszusammenarbeit und die Eigenverantwortung der Verantwortlichen im Süden zu stärken – auf zivielgesellschaftlicher und staatlicher Ebene. Die Beschlüsse der Entwicklungskonferenzen von Paris, Accra und Busan sind unserem globalen Netzwerk schon lange umgesetzt!