Gesche Joost

Das Thema „Vernetzte Gesellschaft“ bezieht sich nicht nur auf eine neue Technologie, dank derer wir bequem im Netz surfen können, sondern es spricht Fragen des tiefgreifenden Wandels einer vernetzten Gesellschaft an – sozial, kulturell und ökonomisch. Das ist mein Thema.

Sozial, kulturell und ökonomisch


Fragen Sie die Digital Natives von heute, werden sie sagen: „E-Mail ist total 90er ;-)“. Sie kommunizieren dezentral-vernetzt, mit vielen gleichzeitig über Facebook, Twitter & Co. Sind immer im Loop der Neuigkeiten. Das ist Mikro-Kommunikation: schnell, kurz, ständig. Vernetzung durchdringt so viele unserer Lebensbereiche – sie beeinflusst, wie wir arbeiten, lehren und forschen, wie wir uns bilden, informieren, uns organisieren und sogar, wie wir unsere sozialen Beziehungen leben. Für mich ist es eine dringliche Frage, welche gesellschaftspolitischen Diskurse und regierungspolitischen Rahmenbedingungen wir initiieren müssen, um unsere Vision einer vernetzten Gesellschaft zu realisieren.


Dazu gehören viele der aktuellen Themen, etwa die gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität oder die Neuregelung des Urheberrechts. Aber auch unsere Reaktionen auf die Schattenseiten der vernetzten Gesellschaft – wie etwa das Cybermobbing, dem junge Menschen heute viel zu oft ausgesetzt sind – entscheiden über die Wahrnehmung von politischer Kompetenz in Netzfragen. Gleichzeitig müssen wir die großen Potentiale der Vernetzung politisch und gesellschaftlich ermöglichen:

■Open Data – bietet freien Zugang zu öffentlich relevanten Daten ohne bürokratische Hürden.
■Open Access – ermöglicht die freie und direkte Verfügbarkeit wissenschaftlicher Publikationen; eine Revolution für die Wissenschaft, die schon vielerorts begonnen hat.
■Open Innovation – initiiert eine offene Zusammenarbeit an Zukunftsthemen über die Grenzen von Institutionen hinweg.
Das sind spannende Themen, die vor uns liegen, und es ist ein noch junges Feld für die Politik – für mich eine großartige Aufgabe und Möglichkeit, hier mitwirken zu können.Ich bringe aus meiner Tätigkeit als Forscherin eine große Nähe zu diesen Themen mit – mit meiner Forschergruppe an der Universität der Künste Berlin gestalte ich Zukunftsvisionen, wie Mensch und Maschine morgen miteinander interagieren können – da rufen Strickjacken selbständig Hilfe für Schlaganfallpatienten, und Taubblinde können dank eines Handschuhs mit textilen Sensoren E-Mails schreiben und empfangen. Mein großes Anliegen ist es, die Vielfalt unserer Gesellschaft in die Technologie-Entwicklung einzubeziehen – also Frauen und Männer, ältere und jüngere, Familien und Singles, Menschen mit speziellen Anforderungen oder Behinderungen. Keinen zurücklassen, alle einbeziehen – so können wir gemeinsame Bilder davon entwickeln, wie wir in einer vernetzten Gesellschaft auch in Zukunft nachhaltig und zufrieden zusammenleben wollen.