„Eine Steigerung der Überraschungen war doch noch möglich“, begann Hans Peter Sawatzki, Wasserrechtsexperte und Mitglied im Vorstand des SPD-Unterbezirks Holzminden, seine Erläuterungen zum Sachstand in der letzten Vorstandssitzung.

Mitte September habe das hessische Umweltministerium am Runden Tisch unerwartet erklärt, dass man die vorgeschlagene Pipeline zur Nordsee und auch eine zur Oberweser ablehne (der TAH berichtete). Damit widersprach das Land Hessen seiner früheren Zustimmung zur Empfehlung des Runden Tisches für eine Ableitung der Kaliabwässer von K + S aus den hessischen Bergwerken per Pipeline in die Nordsee.

Nur knapp vierzehn Tage nach dessen Sitzung habe die hessische Umweltministerin Hinz (GRÜNE) gemeinsam mit dem Vorstandsvorsitzenden von K + S, Steiner, die nächste Bombe platzen lassen. Man habe einen Vier-Phasen-Plan für einen Zeitraum bis 2075 zur dauerhaften Salzabwasserentsorgung vereinbart (der TAH berichtete). Auch hier war der Runde Tisch, der als Gremium mit Fachleuten, Vertretern von Ländern und Kommunen an der Weser sowie von Verbänden nach einer Lösung suchen soll, nicht über irgendwelche laufenden Gespräche informiert worden. Umso bestürzender ist dieses Verhalten, als im Weserrat als gemeinsames Gremium aller Anrainerländer Regelungen für die Weser nur einstimmig getroffen werden können.

Hinzu komme, dass das Umweltbundesamt beauftragt worden wäre, den Vorschlag einer Vor-Ort-Entsorgungslösung zu begutachten; das Ergebnis werde alsbald vorliegen. Warum hat Hessen nicht bis dahin gewartet?

Auch wenn neben 360 Mio. €, die bisher für Anlagen zur Verminderung des Abwassers eingesetzt wurden, nochmals 400 Mio. €, also ein knapper Jahresgewinn des Unternehmens, von K + S dafür bereitgestellt würden, sind erhebliche Verschlechterungen gegenüber den bisherigen Anordnungen und Absprachen zu erwarten.

Zu den Inhalten der Vereinbarung nahm Sawatzki dann im Einzelnen Stellung. So hätte Hessen in Absprache mit K + S in einer wasserrechtlichen Erlaubnis festgelegt, dass die Versenkung von Kaliabwasser in den Untergrund im Jahr 2015 enden soll; nach der jetzigen Vereinbarung soll dies noch bis Ende 2021, oder doch später (?), zulässig sein.

In den derzeit geltenden wasserrechtlichen Erlaubnissen von 2012 für die Einleitung in die Werra wird von einem Ende der Einleitung in 2020 ausgegangen. Nun aber soll die Oberweserleitung als „Ergänzungsleitung“ Ende 2021 in Betrieb gehen und bis zum vermuteten Ende der Produktionszeit in 2032 (Thüringen) und 2060 (Hessen) die Oberweser belasten. Von den o. g. 400 Mio. € wird der weitaus größte Teil für diese Pipeline aufgewendet werden.

Die Grenzwerte für die Qualität des einzuleitenden Abwassers will man bis Ende 2032 auf solche, immer noch weitaus zu hohe, senken, wie sie nach der Erlaubnis von 2012 bereits schon Ende 2020 erreicht sein sollten. Anzumerken ist, das K + S dieses Niveau nach eigenen noch früheren Aussagen Ende 2015 geschaffen haben wollte.

Des Weiteren erscheint es K + S entgegen früheren Aussagen nun möglich, Abraumhalden wie die über 200 Meter hohe, acht Kilometer lange und auf einer Grundfläche von über 100 ha bei Neuhof in größerem Umfange abdecken zu können und die Auslaugungen vermindern zu können.

Und in 2075 (Anmerkung: Falls das Unternehmen dann noch bestehen und dafür haften sollte) sollen nur noch 1,5 Mio. Kubikmeter Haldenabwasser statt jetzt 1,9 in die Werra eingeleitet werden. Dann will man Süßwasserqualität erreicht haben; das trifft jedoch nur eingeschränkt zu, denn „gute“ Werte entsprechend der EU-Wasserrahmenrichtlinie und den deutschen Wassergesetzen stellen die dafür angepeilten Werte nicht dar. Zudem gelangen immer noch die sog. diffusen Einträge aus dem Untergrund in die Werra, die aus der Versenkung stammen; doch bereits damit wären die von K + S angestrebten Werte ausgeschöpft.

Gespannt ist man im UB-Vorstand auch, was sich im EU-Vertragsverletzungsverfahren ergeben wird, wenn Deutschland, also wir Steuerzahler, zu einem hohen Bußgeld wegen des Verstoßes gegen die Richtlinie verurteilt würde.

Die Unterbezirksvorsitzende und Landtagsabgeordnete Sabine Tippelt will den Protest in die Parteigremien und in die SPD-Landtagsfraktion hineintragen.

Auch alle Einwohnerinnen und Einwohner sowie die im Gewässer- und Naturschutz aktiven Vereine des Landkreises sind aufgerufen, sich diesem Protest mit Leserbriefen, Schreiben und E-Mails an die hessische und an die niedersächsische Landesregierung anzuschließen. K + S reagiert nur auf massiven öffentlichen Druck, stellte schon das Verwaltungsgericht Kassel in einem Urteil fest.

RESOLUTION SPD-UB Holzminden weiterhin gegen eine Weserpipeline für Kaliabwässer

Die Abwässer von KALI + SALZ aus der Kaliproduktion und von den bis über 200 Meter hohen Abraumhalden werden nicht nur Jahrzehnte, sondern sogar Jahrhunderte lang eine Belastung und Bedrohung für Werra und Weser darstellen. Hierfür muss endlich eine Lösung gefunden und festgelegt werden. Das darf nicht die nun von Hessen und K + S überraschend vereinbarte Pipeline zur Oberweser sein.

Die Verfahrensweise von K + S und der hessischen Landesregierung mit deren plötzlicher Kehrtwende stellt nicht nur einen Affront gegenüber dem Runden Tisch, sondern umso mehr gegenüber den übrigen Weseranrainerländern und letztendlich gegenüber ihren Einwohnern dar.

Die SPD des Unterbezirks Holzminden wendet sich seit 2007 und nun erneut mit aller Deutlichkeit gegen dieses Vorhaben. Sie bittet und fordert alle Kommunen im Landkreis auf, ihre ablehnende Haltung nochmals zu bekräftigen. Die niedersächsische Landesregierung sowie die hiesigen Abgeordneten in den Parlamenten des Landes, des Bundes und im Europäischen Parlament werden gebeten, ebenfalls ihre Ablehnung öffentlich und gegenüber den Entscheidungsträgern zu äußern. Einige haben dies bereits getan.

Der niedersächsische Umweltminister und somit die gesamte Landesregierung dürfen weder dem sogenannten Vier-Phasen-Plan noch einem Bewirtschaftungsplan für die Weser im Weserrat zustimmen.

Verantwortlich:

Hans Peter Sawatzki

Pollmannsgrund 5

37603 Holzminden

Tel. 05531/5904

hpsawatzki@gmx.net