Unzweifelhaft ist es nicht einfach, im Landkreis schulpolitisch zukunftsweisende Entscheidungen zu treffen. Da ist die geografische Struktur, die mögliche demografische Entwicklung und die handwerklichen Fehler, die bisher schon gemacht wurden.

Aufgrund der teils widersprüchlichen Interessen ist auch offensichtlich, dass nicht alle Wünsche berücksichtigt werden können. Und sicher ist eine funktionierende Schule -wie auch die Feuerwehr oder der Sportverein- in allen Gemeinden identitätsstiftend, gemeinschaftsfördernd und ein wesentlicher Beitrag zur Infrastruktur.

Bevern hat eine im besten Sinne funktionierende Schule. Sie ist klein, die Klassengrößen sind überschaubar, das pädagogische Konzept überzeugt. Und die Qualität der Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden ist die bedeutendste pädagogische Interventionsmaßnahme für den Schulerfolg der Lernenden. Wer bisher nicht davon überzeugt war, der sollte das spätestens mit der Corona-Pandemie gelernt haben. Kann eine kluge Neuordnung der Schullandschaft an der Einsicht vorbei gehen, dass es nicht nur um Organisation und Gebäude geht, sondern auch um die Zukunft junger Menschen? Wenn Kinder- und Jugend-Bildung die Bedeutung hat, die in Sonntagsreden gern formuliert wird, klingt dann ein „größer, zentralisierter, weniger überschaubar“ überzeugend? Können wir uns diese individuelle Betreuung einer immer heterogener werdenden Schülerschaft nicht leisten oder wollen wir uns das nicht leisten – diese Frage müssen sich auch die Kreistagsabgeordneten stellen, die den Stecker aus der Oberschule Bevern ziehen wollen. Warum leisten wir uns nicht auch kleinere Schulen? Warum investieren wir nicht in deren Erhalt, rüsten sie technisch und ästhetisch auf, investieren in die Fortbildung des Kollegiums, ermöglichen und verlangen mehr Kooperation. Wo ist die Kreativität? Kann man nicht digital noch ganz andere Wege gehen? Sind die Konzepte der 70er wirklich zeitgemäß? Wenn viele Oberschüler/innen nicht aus Bevern sondern der Umgebung kommen, kann das ernsthaft ein Argument gegen die Oberschule sein? Ist das nicht auch eine Abstimmung mit den Füßen? Seit wann belebt Konkurrenz nicht mehr das Geschäft? Die deutlich formulierten Argumente derer, die den Erhalt der Oberschule Bevern wünschen, als „Kirchturmpolitik“ zu bezeichnen, fällt dann doch auch zügig auf diejenigen zurück, die im Kreistag für ihre eigenen Kirchtürme entscheiden. Und warum wendete sich kein Kreistagsabgeordneter an die betroffenen Schüler/innen? Im jüngsten Runderlass des MK Niedersachsen vom 11.5.2021 heißt es: „Jungen Menschen politische Teilhabe zu ermöglichen und Partizipation zu stärken, ist ein zentrales Anliegen der Demokratiebildung.“ Na, das hat ja wohl nur mäßig funktioniert.

Dass die Entscheidungen haushaltspolitische Überlegungen und demografische Entwicklungen berücksichtigen müssen, steht außer Frage. Aber führen die tatsächlich alternativlos dazu, ein funktionierendes Systemelement wie die OS Bevern in Frage zu stellen? Spielen der pädagogische Ruf der Schule, die geringen Kosten pro Schüler und deren Interessen, die Bedeutung für die Infrastruktur und Identität einer Gemeinde eine so untergeordnete Rolle? Ist es wirklich so, dass Schulen auch im ländlichen Raum mindestens vierzügig sein müssen, um sehr gute Bildungsangebote zu machen? Ist es wirklich so, dass man gute Lehrende nur an große Schulen bekommt? Wie erklärt sich denn dann der gute Ruf der OS Bevern? Verhindert man Abwanderung wirklich, indem man funktionierende Elemente streicht? Und schließlich: dass der Kreistag eine Entscheidung ohne eine robuste Kostenabschätzung kurz vor einer Kommunalwahl vermutlich folgenlos fällt, erschließt sich wohl den wenigsten Bürgerinnen und Bürgern.

Dr. André de Kathen
SPD Bevern